Diese große alte Dame hat schon eine bewegte Zeit hinter sich - und jetzt wieder eine glänzende Zukunft vor sich! Gebaut wurde sie 1895 bei Grotrian-Steinweg in Braunschweig. Zuletzt, mit rund 125 Jahren, stand sie am wunderschönen Ammersee, doch als ihre letzte Besitzerin verstarb, hatten die Erben keine Verwendung mehr für sie. Zumal man ihr ihr Alter deutlich ansah: Das Schellack-Gehäuse war arg ramponiert, der Resonanzboden gerissen, die Tastenbeläge teils defekt, die Filze schon von Motten angefressen. Dass obendrein die komplette Mechanik erneuert werden musste, war uns schon bei der Besichtigung klar. Doch wir haben uns gern der alten Dame angenommen, weil wir ihr Potenzial gesehen haben und uns über jedes Instrument freuen, dem mittels handwerklich hochwertiger Restaurierung ein zweites Leben geschenkt wird.
Die betagte Lady bekam ein neues Gewand aus Schellack, ihr Korpus wurde innen neu mit Ahorn in einem schmeichelnd warmen Holzton ausgekleidet. Die Resonanzbodenrisse wurden fachmännisch ausgespänt, die Gussplatte frisch lackiert, alle Saiten, Hämmer und Dämpfer mit Renner-Ersatzteilen erneuert. Die Hämmer erhielten überdies einen besonderen hochwertigen Filz der Filzwerke in Wurzen, der für einen runderen und obertonreichen Klang sorgt. Natürlich wurden auch alle defekten Schrauben, Metallfedern und Filzplättchen in deutscher Top-Qualität ausgetauscht.
Und nun steht sie rundum frisch generalüberholt bei uns – und hat uns vom ersten Augenblick an begeistert! Der Schellack wurde aufwändig auf Hochglanz poliert und ist auf den ersten Blick nicht von einem Flügel mit Hochglanz-Polyesterlack zu unterscheiden. Die Gussplatte strahlt wieder in einem warmen Goldton, die Metallteile funkeln wieder. Und schon beim ersten Anschlag war uns klar: Der Aufwand hat sich absolut gelohnt! Klanglich hat dieser Flügel unsere Erwartungen sogar noch übertroffen.
Daniel hat mit seinem feinen Gehör beim Stimmen und Intonieren noch den letzten Klangschliff geleistet, und nun entfaltet der Flügel endlich wieder sein volles Potenzial: Der Bass klingt für einen Flügel dieser Größe enorm kräftig und sonor, bleibt dabei aber sehr klar – einen solchen Bass findet man nicht alle Tage! Die Mittellage ist wunderbar brillant und rund, der Diskant spritzig-elegant bis ins höchste C.
Kurz: Die Restaurierung hat den typischen Grotrian-Klang wieder zum Leben erweckt – und die große alte Dame hat nun wieder Jahrzehnte vor sich, in denen sie in einem neuen Zuhause ihren klanglichen und optischen Charme verbreiten kann.
Kommen Sie zum Anspielen vorbei und sagen Sie uns, ob wir übertrieben haben!
TASTEVÆRK
Johannes Daniel Kraus
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